Das gemeinsame Lernen in einer Grundschulklasse stellt vielfältige und hohe Anforderungen an Kinder. Neben dem Vermögen, Reize auszublenden, sich in Arbeitsphasen zu fokussieren und auf die gestellten Aufgaben zu konzentrieren brauchen Kinder auch grundlegende soziale Kompetenzen um mit der Vielfalt an Charakteren in einer Klasse zurechtzukommen. Kinder mit Schwierigkeiten im emotionalen und sozialen Verhalten sind oft damit überfordert dies zu erfüllen. Häufig haben diese Kinder einen geringen Selbstwert, da sie immer wieder erleben, wie sie in sozialen Kontexten scheitern. An der Aueschule haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welche neuen Wege wir als Schule gehen können, um bedürftige Kinder noch besser zu unterstützen. Im Zuge einer Hospitation an der Brüder Grimm Schule entstand die Idee zum Auehafen.
Seit November 2023 treffen sich einzelne Kinder aus unterschiedlichen Jahrgängen montags, dienstags und donnerstags mit zwei Pädagogen für jeweils 90 Minuten im Auehafen. Der Raum ist bewusst reizarm gestaltet. Es gibt einen großen Teppich für einen Sitzkreis, 6 einzelne und personalisierte Arbeitsplätze für die Kinder und ein Whiteboard für Visualisierungen der Regeln und Rituale.
Doch wie sieht ein typischer Tag im Auehafen aus? Das erklärte Ziel ist, die Sozialkompetenz und Selbstkompetenz der Kinder zu steigern. Feste Rituale sind dabei wichtig. Zunächst klammern alle Teilnehmer ihr Namenskärtchen an ein Gefühlsmonster, setzten sich in den Kreis und berichten in einer Gefühlsrunde, wie es Ihnen geht. Schon hier werden soziale Fertigkeiten und Kommunikation trainiert. Individuelle Ziele für den Kreis wie „Ich sitze aufrecht im Kreis“ „Ich höre dem Sprecher zu“ „Ich melde mich“ und „Ich mache mit“ rücken in den Fokus und werden zum Lerngegenstand. Nach dieser Phase überlegt jedes Kind, wie gut es seine Ziele umsetzen konnte und notiert auf einem Selbsteinschätzungsbogen 1-4 Auehafenpunkte. Auch die Pädagogen geben dem Kind eine Rückmeldung. So können Erfolge sichtbar gemacht und thematisiert werden. In der sich anschließenden 15-minütigen Arbeitsphase üben alle Kinder, ruhiges und konzentriertes Arbeiten am eigenen Platz. Hier wird an individuellen Aufgaben aus den Fächern Deutsch und Mathematik gearbeitet. Hinterher wird wieder Bilanz gezogen. Wie gut ist es mir gelungen, leise und ohne Pause am Platz zu arbeiten? Habe ich durchgehalten, auch wenn meine Aufgaben schwer waren? Wie habe ich das geschafft? Die Pädagogen sind hier so etwas wie Sparringspartner, indem sie Fragen stellen, die den Kindern helfen über ihr Verhalten nachzudenken und positives Verhalten konsequent spiegeln. Im Anschluss treffen sich alle im Kreis. Es werden kooperative Spiele gespielt, mit Sandsäckchen an der Motorik und Wahrnehmung gearbeitet oder „body to brain“ Übungen wie Traumreisen oder Yoga gemacht.
Zum Abschluss treffen sich alle gemeinsam im Kreis und beenden den Auehafen mit einer Abschlussrunde. Diese bietet Gelegenheit, sich gegenseitig zu loben, sich für etwas zu entschuldigen oder einfach zu sagen, was einem heute besonders gut gefallen oder womit man Schwierigkeiten hatte.